Der Faule Bernhard (German)


by Lutz, Berlin <Mike_neukoelln@gmx.de>

Der Knabe stand in der Ecke. Waehrend alle anderen Schueler in dem Klassenraum auf ihren Plaetzen sassen, musste er stehend auf das Ende des Unterrichts warten.

Der Knabe, er hiess Bernhard, stand oft in der Ecke. Diesmal war wieder einmal seine Faulheit der Grund dafuer. Am Morgen hatte der Lehrer die Rechenarbeit der letzten Woche zurueckgegeben. Fuer die schlechten Schueler gab es aber nicht nur die korrigierte Arbeit, sondern auch Hiebe. Und Bernhard hatte die schlechteste Arbeit geschrieben, eine "Fuenf minus". Dabei war er eigentlich nicht so dumm. Nur hatte seine Faulheit ihn davon abgehalten, fuer die Arbeit zu ueben. Es war auch nicht das erste Mal. So hatte der Lehrer, nachdem er schon vier andere Schueler fuer ihre mangelnden Leistungen bestraft hatte, sich Bernhard vorgeknoepft.

"Du hast wieder nicht gelernt", hatte der Lehrer festgestellt, "Das ist eine Frechheit ohnegleichen. Oder hast du eine andere Erklaerung fuer diese miserable Note?"

Die Antwort war nur Schweigen gewesen. Bernhard war nicht gut im Luegen, deshalb liess er es.

"Du hast also keine Entschuldigung. Dabei habe ich dich eindringlich ermahnt, dich auf deinen Hosenboden zu setzen und zu lernen. Naja, du wirst schon sehen, was es dir einbringt, auf meine Ermahnungen nicht zu hoeren."

Bernhard hatte nach vorne kommen und sich buecken muessen. Die gesamte Klasse, es waren an die fuenfzig Schueler, hatte aufstehen und die Hiebe mitzaehlen muessen. Fuenfundzwanzig zaehlten sie im Chor, die hoechste Strafe, die ein Schueler normalerweise bekommen konnte. Danach hatte sich Bernhard zur weiteren Strafe in die Ecke stellen muessen. Die Backen, ueber die er die Fuenfundzwanzig erhalten hatte, steckten in einer Kniebundhose, und da sie die kraeftigsten der ganzen Klasse waren, formten sie die Hose prall aus.

Auch sonst war der Knabe von kraeftiger Statur. Das lag daran, dass es fuer Bernhard ausser Essen kaum einen anderen Genuss gab. Speisen, gleich welcher Art, waren fuer ihn stets eine Versuchung, der er nur zu gerne nachgab.

Dies hatte ihm auch schon manche Tracht Pruegel eingehandelt. So hatte er einem Schueler mal das Pausenbrot gestohlen. Er hatte sich dabei so ungeschickt angestellt, dass er prompt erwischt wurde. Die Strafe folgte auf dem Fusse. Leider blieb es nicht bei diesem einmaligen Vorfall blieb. Nur wenig spaeter war erneut einem Schulkameraden die Pausenmahlzeit abhanden gekommen. Natuerlich fiel der Verdacht sofort auf Bernhard. Die Befragung, die der Lehrer unter Zuhilfenahme des Rohrstockes durchfuehrte, brachte die Wahrheit schnell an's Licht. In beiden Faellen hatte der Mundraub weitere Folgen. Da die bestohlenen Knaben Ersatz verlangten, und Bernhard ihn nur herbeischaffen konnte, indem er ihn von den Eltern erbat, musste er zu Hause alles erzaehlen. Selbstverstaendlich waren seine Eltern bereit, den Schaden, den ihr ungeratener Sohn angerichtet hatte, zu begleichen. Allerdings kriegte Bernhard ebenso selbstverstaendlich aus diesem Grund vom Vater den Hintern anstaendig versohlt.

Der Knabe war im allgemeinen treuherzig, manchmal sogar naiv. Auf die Fragen seiner Schulkameraden nach der vaeterlichen Bestrafung hatte er, wenn auch gequaelt, wahrheitsgemaess geantwortet, und hinzugefuegt, dass er danach gleich zu Bett geschickt worden sei.

"Und da hast du wohl an dir herumgespielt, was?", hatte einer der Buben verschmitzt nachgesetzt.

"Versteh' nicht, was du meinst." Bernhards Gesicht hatte verraten, dass er es ehrlich meinte.

Die Buben hatten gelacht. Spaeter hatten sie nochmal ueber Bernhards Unschuld gefeixt und es hiess: "Der ist zu doof zum Wichsen."

Tatsaechlich tat er es nicht, obwohl er laengst dazu faehig war. Er wunderte sich nur, dass er so alle vier, fuenf Wochen morgens mit einem weissen, nassen Fleck im Nachthemd aufwachte. Die Nacht davor hatte er stets den selben Traum: Erst tollte er mit einem Jungen herum, meist auf einer Wiese, und dann sassen sie an einem reich gedeckten Tisch und assen gemeinsam. Es war immer der gleiche Junge, er war in Bernhards Klasse und Bernhard bewunderte ihn ob seiner Gewandtheit und Schoenheit. - Aber ernsthafte Gedanken machte er sich nicht darueber.

Nachdem die Mutter die Flecken entdeckt und es dem Vater mitgeteilt hatte, waren die Eltern anfangs beunruhigt gewesen, weil sie befuerchteten, ihr Sohn sei "dem Laster" verfallen. Aber die grossen Abstaende hatten die Furcht vertrieben. "Das ist nur der junge Koerper des Buben, der sich gelegentlich nachts entladen muss. Es waere eher ungesund, taete er es nicht", hatte der Vater schliesslich festgestellt. Und die Mutter hatte es als Erklaerung hingenommen.

Viel mehr waren sie ob seiner Faulheit besorgt. Gegenueber dem Lehrer hatten sie mehrfach betont, er solle sich mit Zuechtigungen und anderen Strafen nicht zurueckhalten, sobald Bernhard nicht den noetigen Fleiss an den Tag lege. Der Lehrer war der gleichen Ansicht und die schlechte Rechenarbeit schien ihm nach einer exemplarischen Bestrafung geradezu zu rufen. Deshalb hatte er Bernhard in die Ecke gestellt. Und dabei sollte es nicht bleiben.

Es war Punkt zwei Uhr, als der Lehrer die Schueler nach Hause schickte - bis auf Bernhard. Der stand immer noch in der Ecke. Der Lehrer machte noch in aller Ruhe die Eintragungen in das Klassenbuch. Dann klappte er es zu, stand auf und griff nach dem Rohrstock.

"So", wandte er sich an den Suender in der Ecke, "geh' jetzt wieder auf deinen Platz und hol' dein Schreibheft hervor."

Umstaendlich brachte Bernhard das Heft hervor.

"Sicher glaubst du, du musst heute nachsitzen. Aber es ist gewiss eine viel groessere Strafe fuer dich, wenn du morgen, am schulfreien Sonntag, zu erscheinen hast. Also: Ich erwarte dich morgen um neun Uhr, puenktlich! Verstanden?"

"Ja", sagte Bernhard bedrueckt.

"Aber ganz ungeschoren wirst du heute nicht davonkommen. Schlag das Heft auf und schreib! ueberschrift: Der Faulheit Strafe."

Die Schreibfeder kratzte unbeholfen ueber das Blatt.

"Darunter schreibst du: 'Weil ich so faul war, nicht fuer die Rechenarbeit zu lernen, muss ich am Sonntag nachsitzen.' Bis morgen schreibst du diesen Satz fuenfhundertmal nieder. Und Gnade dir Gott, wenn du es nicht tust. Eine Andeutung dessen, was dich dann erwartet, werde ich dir noch auf den Weg geben. Leg' dich ueber die Bank."

Als Bernhard ueber der Bank zum Liegen kam, aechzte er unter seinem Gewicht leicht auf. Arme und Beine hingen schlaff herab; wie ein nasser Sack lag er da. Die kraeftigen Hinterbacken warteten auf den Rohrstock. Zehn saftige Hiebe liessen den Staub vom Hosenboden aufwirbeln. Bei jedem zuckte der Koerper des Knaben. Dann legte der Lehrer den Rohrstock wieder aus der Hand.

"Du darfst gehen!"

Mit haengenden Schultern schlich Bernhard hinaus.

Zuhause angekommen erbettelte Bernhard von seiner Mutter ein Stueck Brot. Nachdem er es gegessen hatte, verzog er sich auf das Klosett. Es war ihm der liebste Ort in dem kleinen Haeuschen. Dort hatte er seine Ruhe, denn fuer ihn und seine zwei juengeren Geschwister stand nur ein Zimmer zur Verfuegung. Er vertroedelte eine ganze Stunde auf dem stillen oertchen. Fuer seine Mutter ein untruegliches Zeichen, dass mit ihrem Sohn etwas nicht stimmte.

Die aufgetragene Strafarbeit nahm Bernhard erst am fruehen Abend in Angriff. Da die Kinder angehalten wurden, alle Schularbeiten in der Kueche zu erledigen, konnte er den Inhalt vor seiner Mutter nicht verbergen. Doch sagte sie nichts, sondern wartete auf ihren Gatten.

"Wie oft sollst du diesen Satz schreiben?", fragte der Vater nachdem er von seiner Frau in's Bild gesetzt worden war.

"Fuenfhundertmal."

"So, so. Deine Mutter sagte mir, dass du nicht sofort nach der Heimkehr mit der Strafarbeit begonnen hast, sondern vorher viel Zeit vergeudet hast. Stimmt das?"

Beschaemt blickte Bernhard auf das vor ihm liegende Heft.

"Es stimmt also. Und natuerlich hast du nicht daran gedacht, dass es bald dunkel wird und wir deshalb nachher das Licht laenger als noetig brennen lassen muessen. Deine Troedelei kostet uns bares Geld. Aber das werden wir wieder einsparen, du wirst naemlich heute kein Abendessen bekommen."

So kam es, dass Bernhard an diesem Abend waehrend die Familie speiste in der Kueche stehen und ansehen musste, was ihm entging. Bei seiner Liebe zum Essen war das wahrlich eine harte Bestrafung. Hungrig und lustlos setzte er danach die Strafarbeit fort. Es war spaet, als er endlich fertig war.

Streng blickte der Lehrer auf seine Uhr. Bernhard war puenktlich erschienen. Was allerdings nicht sein, sondern der Verdienst seines Vaters war. Der hatte eingedenk Bernhards Hang zur Troedelei den Knaben zeitig auf den Canossagang geschickt.

Bernhard stand verunsichert im Klassenzimmer. Die ungeteilte Aufmerksamkeit des Lehrers machte ihn nervoes.

Der Knabe war, wie erwaehnt, kraeftig. Sein Gesicht war rund. Die Haare waren kurz geschoren. ueber einem grauen Hemd trug er eine braune Weste. Von der gleichen Farbe war auch seine Kniebundhose. Die hatte unten an den Aussenseiten je eine Knopfreihe. Dunkelgraue Kniestruempfe umschlossen den Kniebund. An den Fuessen trug er schwarz glaenzende Lederschuhe.

"Gib mir die Strafarbeit", forderte der Lehrer.

Waehrend der Lehrer sie durchsah, blieb Bernhard stehen. Denn setzen durften sich die Schueler erst, wenn der Lehrer es ihnen erlaubte.

Als der Lehrer das Heft durchgesehen hatte, fragte er: "Wie hast du Strafarbeiten anzufertigen?"

"Sorgfaeltig."

"Sorgfaeltig und in Schoenschrift! Nennst du das Schoenschrift?" Er hielt dem Knaben das Heft vor die Nase.

"Ich ... Zum Ende war die Hand ganz verkrampft", brachte der Angesprochene zaghaft hervor.

"Das gehoert zur Strafe, eine Entschuldigung ist das nicht. Fuer die schlechte Schrift kriegst du Zwanzig. Buecken!"

Dafuer ging Bernhard etwas in die Knie und machte den Ruecken krumm. Die Ellenbogen stuetze er auf den Oberschenkeln ab. In die Hose war er gut hineingewachsen, sie sass hauteng. Zudem sorgten unter der Weste verborgene Hosentraeger fuer einen strammen Sitz. Deren Knoepfe hatten am hinteren Bund in den Stoff runde, abgewetzte Stellen gepraegt, die nun, wo die Weste durch das Buecken hochgerutscht war, zu sehen waren.

In aller Ruhe zog der Lehrer den Rohrstock ueber die exponierten Backen des Knaben. Der hingegen wurde immer unruhiger. Die Hiebe wurden auch ziemlich gut durchgezogen. Nicht einer war halbherzig zu nennen. Nach dem zehnten machte der Lehrer eine Pause.

"Das schmeckt dir wohl nicht? Aber du hast es dir selbst zuzuschreiben. Etwas mehr Sorgfalt, und du haettest dir das ersparen koennen."

Danach folgten die zweiten zehn Hiebe. Ebenso ruhig, ebenso treffsicher und kraeftig gesetzt. Bernhards Gesicht verkrampfte sich nach jedem Hieb. Die Augen wurden schmaler und die Mundwinkel zuckten. Der Knabe biss sich auf die Lippen. Ausser heftigem Schnaufen war nichts von ihm zu hoeren.

"Setz dich!", sagte der Lehrer als der letzte Hieb vollzogen war.

"Nein, nicht auf deinen Platz. Gleich hier in die erste Bankreihe."

Der Lehrer drehte sich weg. Diesen Augenblick nutzte Bernhard, um sich kurz den Hintern zu reiben. Dann setzte er sich vorsichtig hin.

"Da hast du das Rechenbuch. Schlag die Seite 45 auf. Du rechnest alle Aufgaben auf dieser Seite - und gib dir Muehe!"

Bernhard beugte sich ueber das Buch.

"Sitz gefaelligst gerade!", herrschte der Lehrer ihn an.

Bernhard drueckte den Ruecken durch und sass da, als ob er ein Lineal verschluckt haette. Dann begann er zu rechnen. Allerdings kam er nicht recht voran, denn es waren Aufgaben der gleichen Art wie in der Rechenarbeit. Trotzdem muehte er sich so gut er konnte. Quaelend langsam ging es voran. Haeufig hielt er inne und starrte das Heft an, versuchte einen Weg zur Loesung zu finden. Die ersten Aufgaben brachte er noch zu Ende, doch war er sich unsicher, ob er zum richtigen Ergebnis gekommen war. An den letzten verzweifelte er fast. Nichts kam ihm in den Sinn. Er schrieb etwas hin, strich es wieder durch und ueberlegte erneut; schrieb wieder etwas... usw. usf. Zum Schluss sass er voellig hilflos vor den Zahlen und wartete; auf was, wusste er selber nicht.

Dem Lehrer, der unterdessen die Zeit genutzt hatte, sich auf den Unterricht der kommenden Woche vorzubereiten, entging dann auch nicht, dass sein Schueler seit geraumer Zeit keine Fortschritte mehr machte.

"Fertig?", fragte er.

Bernhard zuckte mit den Schultern.

"Das musst du doch wissen." Der Lehrer erhob sich und ging zu dem ratlosen Knaben; den Rohrstock vorsorglich in der Hand. "Zeig mal her!"

Bernhard reichte das Heft und starrte die Wand hinter dem Lehrer an, waehrend der sich die Ergebnisse ansah.

"Das hab ich mir gedacht. Nicht mal die Haelfte ist richtig. Aber eine echte Frechheit ist es, dass du noch nicht einmal die Aufgaben abgeschrieben hast. Steh auf! Wieviel hast du dafuer verdient?"

"Zehn?"

"Zehn??" Der Lehrer liess sich seinen Zorn deutlich anmerken. "Wie oft habe ich gesagt, die Aufgaben werden erst abgeschrieben und dann gerechnet? Mehr als zehnmal?"

"Ja."

"Mehr als zwanzigmal?"

"Ja."

"Also, wieviel hast du verdient?"

"Fuenfundzwanzig."

"Genau, und nicht einen weniger." Er deutete mit dem Stock auf die Holzplatte vor dem Jungen. Der legte sich gehorsam darueber. Der Lehrer legte seinen ganzen Zorn in die Zuechtigung. Er wollte dem Jungen die Faulheit gruendlich austreiben. Das hatte er sich fuer diesen besonderen Unterricht vorgenommen; und die Unterlassungssuende des Knaben hatte diesen Vorsatz gestaerkt. Der faule Bursche sollte spueren, dass es mit den Zeiten der Nachlaessigkeiten endgueltig vorbei war. So sausten die Schlaege mit ungewohnter Haerte auf die dicken Hinterschinken. Laut stoehnte der Knabe auf. Der Lehrer nahm es mit Befriedigung zur Kenntnis. Er merkte, dass Bernhard seine ganze Kraft aufwenden musste, um die Zuechtigung durchzustehen. Das Stoehnen wurde nicht nur lauter, auch die Zuckungen wurden staerker. Zuletzt entfuhren ihm sogar ein leichte Aufschreie.

Danach ging der Lehrer mit dem Knaben die Aufgaben durch. Und wie erwartet zeigte es sich, dass dem Jungen nur die uebung fehlte, sie zu loesen.

"Du kannst es doch, wenn du willst. Du solltest dich schaemen und genau das wirst du auch tun, waehrend ich zu Mittag esse."

Bernhard konnte nichts darauf erwidern. Er war ueberfuehrt worden, dass nur seine Faulheit schuld an der schlechten Note war. Mit hochrotem Kopf sass er da und fuehlte sich elend.

"Du weisst, welcher Platz dafuer vorgesehen ist."

Bernhard nickte und stand auf. Brav ging er in die Ecke.

Nach einer guten Stunde kehrte der Lehrer zurueck. Bernhard stand noch an dem Platz, an den er gehoerte. Zwar konnte der Lehrer sich nicht sicher sein, dass der Knabe die ganze Zeit dort gestanden hatte, aber er war davon ueberzeugt. Denn im allgemeinen war Bernhard gefuegig und befolgte jede Anweisung genau. So war es auch diesmal gewesen. Er hatte die Ecke nicht verlassen. Er hatte eingesehen, dass er Grund hatte, sich zu schaemen.

"Komm zu mir!", forderte der Lehrer ihn auf. "Siehst du jetzt ein, dass du fleissiger sein musst."

Bernhard nickte.

"Ich erwarte eine richtige Antwort!"

"Ja", kam es dem Knaben schwach von den Lippen.

"Kannst du nicht im ganzen Satz antworten?"

"Doch"

"Also?"

Bernhard atmete tief ein. "Ich sehe ein, dass ich fleissiger sein muss." Das klang aufrichtig.

"Dann stimmst du mir sicherlich zu, dass du eine ausserordentliche Strafe noetig hast."

"Ja."

"Sprich im ganzen Satz."

"Ich habe eine ausserordentliche Strafe noetig", sagte Bernhard ehrlich ueberzeugt.

Dem Lehrer war der Ton nicht entgangen. Hoffnung keimte in ihm auf, dass seine Bemuehungen nicht vergeblich waeren. "Gut, hol mir meinen Stuhl!"

Etwas verwirrt tat der Knabe, was ihm aufgetragen worden war.

"Zieh deine Weste aus!"

Bernhard legte die Weste ab, darunter kamen sein Hemd und die Hosentraeger zum Vorschein. Der Lehrer nahm ihm die Weste ab und legte sie auf das Pult.

"Knie dich auf den Stuhl und zieh die Oberhose runter!"

Der Knabe fuegte sich und legte sich mit dem Oberkoerper auf die Lehne und hielt sich mit den Haenden an den Stuhlbeinen fest. Da war kein Zoegern angesichts der ungewoehnlichen Anweisungen. Der Lehrer nahm dies als ein weiteres Zeichen, dass sein Schueler auf dem Wege der Besserung war. Und dann hatte der sich auch noch ohne Aufforderung fuer die Strafe uebergelegt.

Die weisse Unterhose, die der Lehrer nun sah, war aus duennem Leinen und reichte dem Knaben fast bis an die Knie. Gefuellt mit den dicken Hinterbacken, erinnerte sie ihn an einen Schinkenbeutel.

Es war das erste Mal, dass er einen Schueler auf die Unterhose strafte. Auf eine vollstaendige Entbloessung hatte er verzichtet, weil er der Meinung war, dies waere ausschliesslich einer haeuslichen Zuechtigung vorbehalten. Es war auch nicht noetig, denn so wie der Knabe auf dem Stuhl kniete - die Unterschenkel auf der Sitzflaeche, der Oberkoerper beinahe in Schulterhoehe auf der Lehne - streckten sich die Backen rund heraus. Die Haut, auf der die Striemen der bisherigen Strafen noch schmorten, war also genug gespannt. Zudem wuerde die duenne Unterhose die Hiebe kaum daempfen.

"Drei Dutzend. Bist du bereit?"

"Ja, Herr Lehrer!"

"Gut."

Der Lehrer zog die Unterhose stramm. Dann pfiff der Rohrstock. Bernhard stoehnte auf. Auch die naechsten Schlaege brachten ihn zum Stoehnen. Doch dabei blieb es. Ein Gefuehl der Anerkennung stieg in dem Lehrer auf. Er musste den Impuls unterdruecken, die Strafe abzukuerzen oder sie auch nur abzumildern. Doch wusste er, dass dies nur schaden koennte. Eine einmal verkuendete Strafe durfte er nicht zuruecknehmen, sondern musste sie um seiner Autoritaet willen ohne Abstriche durchfuehren.

Das tat er dann auch. Und Bernhard blieb tapfer. Zwar konnte er seinen Koerper natuerlich nicht vollstaendig kontrollieren, sein Kopf schnellte nach jedem Hieb hoch und auch die herabgelassene Hose samt der Hosentraeger rutschte hin und her, aber ansonsten steckte er die Zuechtigung wie ein richtiger Junge ein. Als er es ueberstanden hatte, war er ein bisschen stolz auf sich.

"Du kannst die Hose wieder anziehen." Der Lehrer sagte das recht freundlich, denn er war beeindruckt von Bernhard. Er wartete bis der Knabe sich wieder hergerichtet hatte. "Setz dich und greif zur Feder! ueberschrift: Mein guter Vorsatz. Und dann schreibst du hundertmal: 'Ich will in Zukunft fleissig lernen'!"

Bernhard nickte. Er war von diesem Vorsatz geradezu erfuellt. So tat er es mit Freuden.

Zum Schluss sah sich der Lehrer Arbeit die an.

"Wie ich sehe, hast du dir Muehe gegeben. Eine schoene Schrift." Er strich sanft ueber den Kopf des Knaben. "Damit mag soll es genug sein."

Bernhard stand auf und der Lehrer half ihm sogar in die Weste, die bis dahin noch auf dem Pult gelegen hatte. Dann verabschiedete er den reuigen Suender noch mit einem aufmunternden Schulterklopfen. Der trat zwar mit einem Hintern voller Striemen, aber dennoch frohgemut den Heimweg an.


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