In Der Spur


by G. Siegler <G.Siegler2001@yahoo.de>

Um fuenf Uhr Nachmittags sollte ich bei ihm sein. Es war kurz nach fuenf, als ich anklopfte. Ein lautes „Herein" liess mich die Tuer oeffnen und ich trat in den Flur. Aus einem Nebenzimmer erhielt ich die Anweisung schon einmal in die Kueche zu gehen, zweite Tuer links.

Ich schaute mich kurz um in der grosszuegigen Wohnung, die mein neuer „Vormund" bewohnte. Es war eine typische Altbauwohnung mit Holzdielen. Die Kueche war normal eingerichtet, eben so wie es damals in den 70er, 80er Jahren bei uns ueblich war.

Der Grund meines Kommens?

Tja, ... mein neuer Vormund wollte mal mit mir „reden", wie er sich ausdrueckte. Genaueres hat er nicht gesagt. Eben nur, dass ich heute Nachmittag um Fuenf da sein sollte. Ich konnte mir denken, worueber er mit mir reden wollte. Ich war mir aber nicht ganz sicher.

Zwei Wochen erst war ich in diesem neuen Erziehungsheim. Es war anders als mein letztes Heim organisiert und unterschied sich voellig von dem Heim, indem ich bis zum 14. Lebensjahr aufwuchs.

Das letzte Heim auf einer Nordseeinsel war ein Pilotprojekt. Wir hatten sehr viele Freiheiten, die wir auch leidlich ausnutzten. Letzteres war ein Grund, weshalb mich der Heimleiter nach kurzer Zeit besser in ein anderes Heim stecken liess. Ich war nicht kriminell oder so. Eher ein ganz normaler Junge, etwas schuechtern und immer ein Aussenseiter. Als Heimkind brauchst du Freunde und genau die hatte ich immer nur eine kurze Zeit lang. Ich hatte gelernt, mich mit mir selber zu beschaeftigen.

In den ersten vierzehn Jahren meines Lebens hatten wir Kontaktfamilien in denen wir mehr oder weniger aufwuchsen. Ich hatte Glueck eine Familie zu erwischen denen es nicht nur um die Knete ging und denen ich nicht voellig egal war. Andere Jungs rutschten schon in dieser Zeit voellig ab.

Ich „genoss" tatsaechlich so etwas aehnliches wie „Erziehung". Jedenfalls waren was das betraf meine Zieheltern nicht zimperlich. Das heisst, es gab auch schon mal dann und wann Druck mit entsprechenden Konsequenzen, es war aber nicht die Regel wie in anderen Familien. Ich hatte wirklich Glueck gehabt.

Als ich da in der Kueche stand, war mir eigentlich klar, dass ich mal wieder einen Hinternvoll verdient hatte. Das mulmige Gefuehl in der Magengegend war jedenfalls vorhanden. Nur wusste ich nicht, wozu eben dieser „Vormund" wie er sich nannte, faehig war.

In diesen wie schon erwaehnten dritten „Heim" wohnten die Vormuender nicht direkt mit ihren Zoeglingen, in unserem Fall Jungens zusammen.

Wir Jungens wohnten zwar in einem Heim mit Betreuung usw., hatten eine zugewiesene Schule etwa 20 Minuten Fussweg vom Heim entfernt, aber die Herren Erzieher wohnten in einer Art eigener Wohnsiedlung. Einige der Erzieher unterrichteten auch in unserer Schule. Mein Vormund gab ebenfalls in den hoeheren Klassen Unterricht.

Es war ein sportlicher Mann mittleren Alters, der auch noch nicht so lange hier war. Seine mindestens 1,80 m Laenge und sein sportliches Aussehen waren schon furchteinfloessend genug fuer mich. Er war wie mir schien nicht unfreundlich, aber sein Tonfall hatte etwas massgebendes in sich.

Die ersten zwei Wochen liess er mich fast voellig in Ruhe. Am Anfang war die Vorstellungsrunde, die Formalitaeten usw., und dann ueberliess er mich der Obhut eines aelteren Jungen, der, da bereits Volljaehrig, keinen Vormund mehr hatte. Meinen Vormund kannte er auch nur vom Hoerensagen.

Meinem Kenntnisstand nach betreute jeder Vormund nur zwei bis drei Jungen. Da die Schule sehr weitlaeufig und gross war, war es mir noch nicht gelungen die anderen Jungen ausfindig zu machen. Ehrlich gesagt, war mir die Rolle meines Vormundes bis zu jenem Donnerstag Nachmittag ueberhaupt nicht klar.

Ich hoerte Schritte. Ernst schaute er mich an, musterte mich von oben bis unten. Mir blieb fast das Herz stehen als er mich aufforderte, mich ganz auszuziehen. „Wirds bald!", herrschte er mich ploetzlich an, weil ich zoegerte. Ich fing unsicher an, an meinem Hemd herumzufummeln. Ich zitterte, weil mir ploetzlich klar war, was wohl tatsaechlich gleich passieren wuerde. Ploetzlich stand er vor mir und ehe ich es versah hatte ich eine Backpfeife gefangen, die mir die Traenen in die Augen schiessen liess, so sehr tat diese Ohrfeige weh. So eine Ohrfeige und dann auch noch voellig unerwartet von Links hatte ich noch nie bekommen. Noch bevor ich richtig denken konnte, klatschte er mir auch schon die zweite Ohrfeige ins Gesicht. Ich riss die Arme hoch um mich zu schuetzen. Durch den Traenenschleier sah ich wie er auf die andere Seite der Kueche ging.

„Erst zu spaet kommen und dann auch noch bummeln!"

Er lehnte sich mit verschraenkten Armen gegen einen Schrank. „Ich W A R T E!" Jetzt ging alles blitzschnell. Ich bemuehte mich die Klamotten vom Leib zu kriegen und warf sie auf den Boden. Als ich meinte fertig zu sein, stand er schon hinter mir, fasste mich derb am Nacken und beugte mich vornueber. „Stehen bleiben!" Sein Ton: ein Befehl. „Was siehst du?"

„....?"

„Ich will wissen, was du siehst!"

„Ich ... weiss nicht, was sie meinen ....!"

Er liess den Nacken los und drehte am Ohr so kraeftig, dass ich aufschrie. Er kam ganz dicht an mich heran und raunte mir ins Ohr: „Wenn ich sage ausziehen, dann meine ich GANZ ausziehen." Erschrocken sah ich, dass ich ja noch meine Struempfe anhatte. Ein klatschender Schlag in den Nacken half mir, auch das noch ganz schnell zu bewerkstelligen.

Danach ging alles recht schnell. Kaum dass ich wieder auf den Beinen stand, schliff er mich an den Haaren einfach durch die recht grosse Kueche zu einem Hocker. Er setzte sich drauf, stellt mich einfach zwischen seine Beine und drueckte meinen Kopf weit runter. Meine Beine klemmte er einfach zwischen den seinigen fest und dann gab es den Arschvoll meines Lebens. Schon der erste Schlag liess mich aufschreien. Meine Haende flogen nach hinten. Aber mein Aufbaeumen nuetzte gar nichts. Er hielt die Handgelenke einfach mit einer Hand fest und zog sie nach oben, so dass ich wieder mit dem Kopf fast den Fussboden beruehrte. „Von wegen Schule schwaenzen, mein Freund! Meine Jungs schwaenzen nicht eine Stunde!"

Also hatte er es doch schon rausgekriegt. In der vorigen Schule hatte ich regelmaessig diverse Stunden ausfallen lassen. An dieser neuen Schule mochte ich das Fach „Sozi" und Sport ueberhaupt nicht. In der letzten Woche war ich einfach bei Sozi nicht erschienen und niemand schien sich daran zu stoeren. Gut, es war auch keine Pflichtstunde in dem Sinne wie zum Beispiel Mathe, aber es wurde dringend angeraten, hier zu erscheinen. Es war ein besonderes Sozialkundefach. Hier wurden die aktuellen Schulprobleme behandelt und diskutiert. Hier wurden unangenehme Fragen gestellt und es diente quasi als gegenseitige Erziehungsstunde. Die Schueler sollten hier lernen ihre Probleme zu loesen unter Aufsicht eines erfahrenen Erziehers. Wenn du Mist gebaut hattest, wurde es hier diskutiert. Ebenso konnten schlechte Beurteilung, z. B. eine Sechs hinterfragt werden und es konnte ganz schoen bitter sein von seinen Mitschuelern hoeren zu muessen, dass man als „faule Sau" anscheinend diese Note (und noch viel mehr) durchaus verdient hatte. Dazu hatte ich keine Lust. In meiner ersten Sozi-Stunde vorletzte Woche musste ich naemlich ausfuehrlich erlaeutern, warum ich wohl von der letzten Schule geflogen sei und fast einstimmig kamen meine Mitschueler zu der Meinung, dass ich ja eigentlich in eine Schule fuer schwer erziehbare Schueler gehoere. Aber sie wollten es mit mir versuchen. Na toll. Ich beschloss danach, nicht mehr regelmaessig zu erscheinen. Zu Sport hingegen war ich gar nicht erst hingegangen.

„ ... nicht eine Stunde, hoerst du?". Voellig hilflos lag ich jetzt hier ueber seinem Knie und sah und fuehlte wie er mir mit aller Kraft und mit einer irren Geschwindigkeit meinen Hintern versohlte. Es tat irrsinnig weh! Zwar wollte ich nicht weinen, aber diesen Vorsatz verwarf ich schneller als ich wollte. Nach dem er mir die Haende fest und die Arme hochgebogen hatte, heulte ich sofort hemmungslos los. Nach kurzer Zeit schrie ich wie am Spiess, bettelte und schrie um mein Leben. Traenen und Rotz liefen mir aus Augen und Nase und ich dachte, es nimmt kein Ende.

Auch im Nachhinein ist mir nicht klar, ob er mich mit der Hand oder mit irgendeinem Gegenstand verhauen hat. Ein Stock oder Guertel waren es jedenfalls nicht. Der Stock kam danach.

Endlich liess er mich los und ich wollte aufstehen, was aber nicht recht ging. Ich plumpste auf den Boden und wand mich in meinen Schmerzen und heulte immer noch hemmungslos. Ploetzlich zog er mich an den Haaren einfach hoch und zog mich in ein Zimmer. Er schubste mich auf ein frisch bezogenes Bett. „Wir sind noch nicht ganz fertig, mein Freund!"

Er verliess kurz den Raum und kam wie ich aus meinen verweinten Augenwinkeln sehen konnte sofort danach mit einem Stock in der Hand wieder zurueck. Ich schrie innerlich auf!

Wieder zog er mich einfach an der Hand vom Bett, drehte mir geschickt den Arm so auf den Ruecken, dass ich gebueckt neben ihm stehen musste. Ich jaulte auf und bettelte wie ein kleines Kind, aber es nuetzte gar nichts.

„Du warst zwei, fast drei Minuten zu spaet, deine Ausziehaktion war eine miese Nummer und deine Sachen liegen immer noch verstreut auf dem Boden. Hat dir denn niemand Ordnung beigebracht, Junge? Das macht 3 plus 2 plus, naja, sagen wir insgesamt sechs Stueck."

Flehentlich guckte ich ihn an, aber da sauste der Stock schon mit einer Wucht wie ich es nicht fuer moeglich gehalten hatte auf meinen armen geschwollenen Hintern. Vorher tat es schon unaussprechlich weh, aber jetzt ...! Eh ich richtig wieder bei Sinnen war, war der dritte Hieb schon plaziert. Ich rastete aus!

Aber nicht mit ihm! Ruhig bugsierte er mich aufs Bett und hielt mich eisern fest. So konnte er sich fuer die letzten Drei etwas mehr Zeit lassen. In Embriostellung kauerte ich auf dem Bett und heulte und weinte und heulte. Er verliess den Raum, kam eine Minute spaeter wieder rein, warf meine Sachen aufs Bett und meinte: „Du bleibst erst einmal drei Wochen zur Beobachtung bei mir. Nach dem Abendbrot im Heim bringst Du deine Schulsachen und ein paar persoenliche Sachen mit, klar? Du wirst im Heim essen und normal zur Schule gehen, aber die restliche Zeit verbringst du h i e r."

Ich nickte, heulte aber sofort wieder auf weil ein Schmerz meinen armen Hintern durchzog.

Noch ueber eine Stunde lag ich auf dem Bett, heulte vor Wut und Schmerz das Kopfkissen nass, rieb mir vorsichtig den Po und war beleidigt, wie dieser Mann mit mir verfuhr.

Ich muss wohl eingeschlafen sein, jedenfalls schreckte die Stimme meines Erziehers mich auf als er sagte: „Aufwachen, in zehn Minuten ist bei euch Abendbrot. Es wird Zeit! Ab!".

War es denn schon gleich Sieben? Ich kramte meine Armbanduhr aus der Hose. Tatsaechlich! Als ich hochkam, durchzuckte mich ein dumpfer Schmerz. Auuuuu! Ich konnte mich nicht vernuenftig aufrichten. Mein Gesicht war immer noch traenennass. Muehsam kroch ich in meine enge Jeans und schlich aus der Wohnung. Im Flur rief er mir noch hinterher: „Um halb Neun liegst du in der Heia!" Um halb Neun schon? Na, da wuerde ich nicht mehr viel Zeit haben.

Umstaendlich ging ich die Treppe runter. Fahrradfahren funktionierte ueberhaupt nicht. Ich beeilte mich puenktlich beim Abendbrot zu sein. Irgendwie versuchte ich mir das Gesicht trocken zu reiben, trotzdem waren noch am Abend die Augen rot und jeder der mich sah, wusste was passiert sein musste.

Die naechsten Tage verliefen wie am Schnuerchen. Ich parierte wie eine Eins, es klappte alles. Schon das Runzeln mit der Augenbraue meines Erziehers veranlasste mich einzulenken bevor der Gedanke des Widerspruchs reifen konnte. Meine Befuerchtung, dass es Schlaege ohne Ende geben wuerde, bewahrheiteten sich keinesfalls. Es gab naemlich keinen Anlass!

Ich wusste von einem anderen Jungen, der fast woechentlich Pruegel bekam und ein anderer musste tatsaechlich jeden Abend bei seinem Vormund antanzen und sich, auch wenn er nichts angestellt hatte, vorsorglich einen scharfen Hieb mit der Reitgerte abholen.

Von diesen Methoden hielt „Meiner" gar nichts. Einmal belauschte ich ein Gespraech in dem er zum Ausdruck brachte, dass Jungs sich durchaus an Haue gewoehnen koennten. „Nein nein, die Burschen muessen so richtig Schiss vor einem Hinternvoll haben, dann wirkt es auch und das erreicht man durch eine regelmaessige Unregelmaessigkeit." Ausserdem gaebe es ja auch noch andere wirksame Strafen und das Damokles Schwert „Hinternvoll" schwebe ja eh staendig ueber ihnen. Und genau so hielt er es auch mit mir. Ja, das war ein Hinternvoll wie ich ihn nicht noch einmal erleben wollte.

Als ich puenktlich um halb Neun, gewaschen im Bett lag, schaute er noch einmal herein, wuenschte mir eine „Gute Nacht" und verliess den Raum. Zuerst konnte ich vor Aufregung nicht einschlafen. Ausserdem wusste ich nicht, wie man auf dem Bauch schlafen sollte. Ich war es gewohnt, auf der Seite zu liegen, aber das ging nicht.

Irgendwann bin ich dann wohl doch eingeschlafen. Als er mich am naechsten Morgen weckte, schaute ich erstaunt auf die Uhr.

„Es ist doch erst viertel Sechs!"

„Na und? Fruehsport beginnt bei euch doch um Sechs!" „Da gehen wir aber nie hin!"

„Doch, DU gehst!"

Ich musste schlucken. Dazu hatte ich nun ueberhaupt keine Lust. Bestimmt schaute er mich kurz an. Ich zuckte und stand natuerlich s o f o r t auf und sauste los.

„Zum Waschen kommst du direkt hierher! Bevor du zum Fruehstueck gehst kommst du noch kurz zu mir!", rief er mir hinterher.

Auch das noch. Das bedeutet ja, Dauerlauf auch noch nach dem Sport. Ja, zum Fruehsport hatte ich gar keinen Bock. Je nachdem welche aeltere Zoeglinge mit dem Training dran war, liefen wir entweder eine dreiviertel Stunde durch den Wald oder wir machten Gymnastik oder beides. Und die Älteren triezten uns teilweise gemein. Und ich war immer einer der letzten, weil ich keine Übung darin hatte.

Heute war natuerlich Waldlauf dran und das in meinem Zustand. Aber erstaunlicher Weise liess man mich in Ruhe. Zwar blieb immer einer hinter mir, der aufpasste, dass ich auch die vorgeschriebene Strecke lief, aber er tat mir nichts, ausser dass er rumnoergelte.

Nach dem Duschen und bereit zur Schule klopfte ich zaghaft an die Buerotuer meines Erziehers. Unsicher stand ich vor ihm. Er ging auf mich zu und strich mir durchs Haar. Automatisch zuckte ich. Er registrierte es und meinte. „Na, das klappt doch prima." Ich war erleichtert. Er musterte mich von oben bis unten. „Traegst du in der Schule kein kurze Hose?" Ich schuettelte den Kopf. „Das solltest du aber!" „Keiner traegt kurze Hosen in der Schule, auch nicht im Sommer." „Doch, DU. Du hast doch kurze Hosen bekommen?" Ich nickte. „Ja, aber die habe ich nicht mit, die sind in meinem Zimmer im Heim." „Na, dann holst du sie eben noch."

Mir sackte wieder das Herz in die Hose. Dieser bloede ..... „Ich denke, du hast nach dem Fruehstueck noch genuegend Zeit sie anzuziehen. Auf dem Weg zur Schule kommst du dann noch mal eben bei mir rein, klar?"

Klar nickte ich sofort. Was blieb mir anderes uebrig? Resigniert kramte ich nach dem Fruehstueck die kurze Kordhose aus dem Schrank. Ein Stubenkamerad meinte feixend: „Na, da bist du ja anscheinend an den richtigen geraten!"

Ich warf ihm einen boesen Blick zu und spurtete los. Es war Zeit. Die bloeden kurzen Hosen klemmten im Schritt und mein gestriges Erlebnis kam wieder sehr aktuell hoch als ich die Treppen herunter lief.

Als ich mich meinem Erzieher vorstellte, nickte er zufrieden. Ich musste mich umdrehen. „Na, die sitzen doch gut. Übrigens traegt man diese Art von Ranzen auf dem Ruecken und traegt sie nicht in der Hand. Davon bekommst du schiefe Schultern, mein Junge." Innerlich sackte mein Herz wieder in sich zusammen. Musste er mich denn andauern wie einen kleinen Jungen behandeln, wo ich doch schon so alt und fast erwachsen war!!!

Ich schulterte also den Ranzen ordnungsgemaess und drehte mich um. Neben mir im Raum hing ein grosser Spiegel. Ich sah darin einen kleinen braven Jungen, der – oh Schreck – noch blaue Flecken auf den Oberschenkeln hatte!??? Ich drehte mich so, dass ich meine Beine besser sehen konnte. Tatsaechlich!

Mein Vormund schien nichts zu bemerken. Er drehte sich um, damit ich sein Schmunzeln nicht sehen konnte. „Ach uebrigens, ich moechte, dass du hier in der Wohnung nur mit einer Turnhose und einem T-Shirt bekleidet herumlaeufst. Das ist einfacher. Du weisst schon warum. Ab heute, essen wir gemeinsam Abendbrot bei mir. Und nun ab, die Schule wartet. Und sei ein braver Junge!"

Wieder in meiner Jungenehre gedemuetigt trottete ich ab. Ich hatte noch Zeit, mehr als erwartet. In der Schule angekommen, erwartete ich ein hemmungsloses Feixen der anderen, aber auch das hielt sich in Grenzen. In der Pause bemerkte ich, das anscheinend eine ganze Menge Jungs in kurzer Hose herumliefen. Einige trugen sogar noch eine kurze Lederhose. Ich war also nicht der einzige. Ein Glueck.

Ich, ausgerechnet ich spurte. Und wie!

Bei den folgenden gemeinsamen Abendmahlzeiten lernte ich ihn kennen. Oft hatten wir Gaeste, z. B. andere Erzieher oder Zoeglinge. Er erzaehlte viel und zeigte mir klar und deutlich wie er sich Jungenerziehung vorstellt.

Zum Beispiel war er der Meinung, das jeder anstaendige Junge locker die Realschule mit einer Zwei abschliessen koenne. Gegen faule Jungs gibt es ein Mittel, „du weisst schon", pflegte er zu sagen. Gegen „Nichtverstehen" gibt es auch ein Mittel. Meistens war die Ursache reine Faulheit und das Mittel kannten wir nun schon. Sollte es aber tatsaechlich eine Schwaeche sein, so haette er genuegend Erfahrung dies zu erkennen und gegen wirkliches Nichtverstehen hilft auch ein Mittel, z. B. Nachhilfe und wenn das alles nicht wirkt, na, dann muesste man diese schlechte Note eben durch eine andere ausgleichen. Vieles koenne man aber mit Disziplin, woertlich: „Zucht und Ordnung" erreichen und das muss man nun einmal einigen Jungs „einblaeuen, blau, mit A-Umlaut nicht mit E", betonte er immer wieder.

Bei diesen „Gespraechen" sass ich recht kleinlaut da und rutschte auf meinem immer noch nicht ganz verheilten Hintern hin und her.

Wie schon erwaehnt, gab es keinen echten Anlass mehr. Nach eineinhalb Wochen, ich hatte wiederholt irgend etwas unabsichtlich vergessen, rief er mich zu sich und mit leichten „Schlaegen" auf den Hinterkopf meinte er zu mir: „Hat unser Bursche etwa sein Gedaechtnis noch im Bett oder ist es bei dir auch auf dem Hintern und ich muss es erst „aktivieren"?" Mit diesen Worten nahm er mich einfach hoch und klopfte ein paar Mal „hinten drauf". Ich bekam einen Riesenschreck. Zum Glueck wusste ich eine passende Antwort und er stellte mich zurueck auf meine Beine. Ich zog die Hose wieder hoch und holte das Versaeumte schleunigst nach. Ich zitterte allerdings so sehr, dass ich beim wegrennen fast hinfiel.

Nach zweieinhalb Wochen wurde ich wegen „guter Fuehrung" wie er schmunzelnd erwaehnte wieder ins Heim entlassen. Er brauchte den Raum dringend fuer einen anderen Zoegling. Also zog ich zurueck zu meinen Kameraden.

Diese Lektion hielt irre lange vor. War es ein halbes oder ein dreiviertel Jahr, ich weiss es nicht genau. Jedenfalls war mein „Vormund" unberechenbar. Man sah ihn kaum, er draengte sich nicht in mein Leben hinein, liess mich in Ruhe, aber ich fuehlte mich beobachtet. Ich sah ihn nicht oft, nur wenn ich mal eine Unterschrift brauchte oder eine Ermahnung faellig war. Merkwuerdiger Weise immer dann, wenn ich etwas ausgefressen hatte, war er praesent. Seine Praesenz war aber nie vorhersehbar. Mal holte er mich einfach aus dem Unterricht heraus, mal fing er mich morgens vor den Fruehsport ab oder holte mich einfach aus unserem Club. Und das meistens ohne zu fragen, er „nahm" mich einfach mit. Dann gab es saures, das wusste ich dann schon.

Wie anfangs schon erwaehnt, hatte er aber auch andere wirksame Mittel, seine Jungs zu erziehen. Taschengeldentzug oder eine Strafarbeit uebers Wochenende liess doch so manchen inklusive mir stark ins Gruebeln kommen.

Zum Beispiel war Erdkunde ueberhaupt nicht mein Ding. Und so hatte ich diesmal eine glatte 5- mit nach Hause gebracht, die auch noch unterschrieben werden musste wie alle Zensuren. Recht kleinlaut ging ich damit zu ihm. Der Grund lag auf der Hand. Wiederholungstat dazu auch noch. Hatte ich ihm doch hoch und heilig bei der letzten 4- versprochen, dass das NIE wieder vorkommen wuerde. „Und nun? – Nun ist es auch in Erdkunde soweit."

Ich schlotterte. Er wies mit dem Kopf zur Sofalehne. Ich wusste inzwischen nur zu genau, was das hiess.

„Scheisse!", dachte ich. Dann dazu immer noch der Tick von ihm, dass man ganz nackt sein musste.

Solche und aehnliche Delikte mussten voellig freiwillig in Empfang genommen werden. Andere, schwerwiegendere Dinge, wie das zu erst angesprochene, wurden auf die bewaehrte Art „behandelt".

Dies hier aber war kein Hinternvoll in seinem Sinne, sondern eine vorher zusammen abgesprochene Strafe, womit der Zoegling vorher ein gewisses „Einverstaendnis" erklaerte. Die Hoehe der Strafe wurde aber immer erst besprochen, wenn ich nackt ueber der Sofalehne lag.

Er holte den Stock und stellte sich neben mich. Das Stockende wippte schon auf meinem Hintern.

„Was meinst du wieviel du verdient hast?"

Ich konnte nie so richtig denken, wenn ich so da lag. Meistens ueberliess ich ihm die Entscheidung und stimmte nur zu.

„O. k., ich denke, in Anbetracht der Tatsache, dass du bei der letzten 4- in Erdkunde mit heiler Haut davon gekommen bist, bekommst du heute zehn Stueck." Ein wenig erleichtert wollte ich schon aufatmen. „Da du aber in letzter Zeit deine faule und vergessliche Phase hast, denke ich, das 20 nicht zu wenig sind." Ich rutschte in mich zusammen. Zwanzig seiner Fetzer waren nicht auszuhalten. Bei dieser Art der Strafe verlangte er dazu immer noch Disziplin! Das hiess im Klartext, dass man weder ausweichen noch sich verzaehlen noch sonst irgendwas durfte. War es der Fall, begann er unerbittlich von vorne. Ausserdem kamen jedesmal noch zwei Hiebe dazu. Zusaetzlich musste man sich freiwillig nach jedem Hieb wieder in die richtige Position bringen, das hiess: Hintern hoch (noch hoeher) und schoen locker lassen. Dauerte es ihm zu lange, bekam man prompt noch zwei Hiebe, aber in Laengsrichtung, zusaetzlich. Ein paar Mal schon musste ich drei oder vier dieser aeusserst schmerzhaften Schlaege aushalten. Danach „funktioniert" es dann meistens wieder.

„Heute allerdings ...", so fuhr er fort „wirst du nur Zehn bekommen." Was das nur wieder sollte. Ich wusste es nicht.

„Das „Minus" an der Fuenf sorgt dafuer, dass du dieses Wochenende lernen wirst, und zwar bei mir. Und zwar bis du den Stoff nachgeholt hast."

Auch das noch. Ich wusste schon, was das hiess. Er hatte in dieser Wohnung neben seinem „Gaestezimmer" noch ein anderes „Gaestezimmer", auch Karzer genannt. Das war ein schmaler Raum ohne Inventar, der eigentlich als Abstellzimmer dienen sollte. Statt dessen stand darin ein Holzhocker und ein Tisch sowie eine Klappliege, die tags ueber rausgenommen wurde. Kurioser Weise hatte dieses Abstellzimmer einen eigenen zusaetzlichen Zugang zum Badezimmer, welches in solchen Zeiten auch von Aussen verrieglet wurde. Man konnte also nicht weg. Einer seiner anderen Jungs, inzwischen kannte ich sie also auch, erzaehlte mir, dass er diesen Raum besonders in der Sommerzeit sehr gerne „nutzte". Am Freitag Nachmittag, also puenktlich zum Wochenende durften lernschwache Schueler den Stoff nachholen. Reichte die Abgeschiedenheit und Ruhe zum Lernen nicht aus, half der Stock ein bisschen weiter. Reichte ein Wochenende nicht aus, so waren da noch diverse andere Wochenenden mit einem Schueler belegt. Einer seiner Jungs soll sogar schon die Haelfte seiner Sommerferien dort verbracht haben.

Also auch das noch! „Und die anderen Zehn bekommst du morgen Nachmittag. Da haben die Kinder immer so eine lernschwache Phase und das muntert dich bestimmt auf."

Willig liess ich die ersten zehn Hiebe ueber mich ergehen. Es zog gemein und nur mit aeusserster Beherrschung ueberstand ich es ohne irgendwelcher Zusaetze. Danach ging es direkt in den Karzer und zwar so wie ich war. Er gab mir lediglich ein T-Shirt mit und legte diverse Erdkundebuecher auf den Tisch, die mir nur allzu bekannt vorkamen. Dann wurde die Tuer abgeschlossen. Eigentlich wollte ich doch dieses Wochenende mit den anderen Jungs zum Baden fahren. Das Wetter war toll und nun sass ich hier. Das hiess, sitzen tat ich vorsichtshalber noch nicht. Irgendwann ging die Tuer auf. Wahllos blaetterte ich gerade in den Buechern herum. Er brachte das Abendbrot. Abendbrot, das ich nicht lachte. Da ich ruhig ein bisschen das Gefuehl von Karzer haben sollte, brachte er zwei Scheiben trocken Brot und einen Krug Wasser. Ausserdem gab er mir einen Zettel voller Fragen. „Wenn du diese Fragen alle beantworten kannst, hast du dein Lernziel erreicht."

Klar konnte ich naechste Woche alle Fragen wie am Schnuerchen herunterleiern. Schon am Samstag abend war ich fit, aber das half mir nicht. Ich musste meine Zeit trotzdem „absitzen", denn es „soll ja eine richtige Strafe sein, die du dir merkst.". Und wie ich sie mir gemerkt habe. Am Sonntag abend wurde ich entlassen und konnte zurueck in mein Zimmer. Faulheit war lange Zeit nicht mehr der Grund einer schlechten Zensur.

Etwa ein halbes Jahr nach dem ersten „Vorfall", es war inzwischen Winter geworden, liess meine Begeisterung fuer den Fruehsport wieder nach. Zwei Morgende ging ich einfach nicht hin. Aber am dritten Morgen, um Sechs stand er in unserem Zimmer. Eigentlich haette ich schon laengst auf sein muessen, aber ich hatte mich nun einmal fuers Umdrehen und Weiterschlafen entschieden. Die anderen Jungs schliefen ja auch einfach weiter. Warum musste eigentlich immer ich zum Fruehsport und die anderen nie. So dachte ich und war gerade wieder eingenickt als die Tuer aufging.

Er packte mich einfach wie ich war und bevor ich richtig wusste was los war, waren wir schon im Flur. Ich lag auf seiner Schulter und zappelte, aber er hielt mich eisern fest. Schon waren wir unten vor der Tuer als er mich wieder auf meine Fuesse stellte. Er sagte zu einem der aelteren Schueler, der auf Nachzuegler wartete: „So, hier ist er. Sei so nett und kuemmere dich doch in Zukunft um den Bengel, ja? Wenn er nicht spurt, jage ihn mit der Rute durch den Wald, meine Genehmigung hast du hiermit."

„Geht in Ordnung!", sagte der Junge und so musste ich an diesem kalten Wintermorgen barfuss im Pyjama zwar eine kuerzere Strecke dafuer aber eine schwierige Strecke laufen und der Ältere sparte nicht mit Knueffen und Puffen. Mein Ruecken war bestimmt voller blauer Flecken. Aber seit diesem „Erlebnis" war ich wieder „in der Spur". Dass ich auch nur noch einmal den Fruehsport versaeumt hatte, kam nicht wieder vor. Im Gegenteil, ich bemuehte mich immer in der ersten Gruppe zu sein und nie wieder in der Nachzueglergruppe, die ja wie erlebt, individuell „behandelt" wurde.

Nachmittags dann am gleichen Tag bei den Schularbeiten, die wir auch in der Schule unter Betreuung aelterer Mitschueler machen durften, teilte mir mein Erzieher mit, dass er mich bei einer Sportgruppe angemeldet hatte. Dreimal in der Woche wuerde ich also nachmittags Sport haben. Na toll. Montags Ausdauertraing, Mittwochs Spiel und Training, Freitags Ausdauertraing und am Wochenende gegebenenfalls diverse Spiele. Nun, wenigstens stellte sich nach einige Wochen Training tatsaechlich so etwas wie Lust ein. Mir fehlte einfach die Kondition, aber mit dem Wachsen der Muskeln zeigten sich erste Erfolge, die fuer mein weiteres Leben sehr wichtig waren.

So langsam bekam mein Alltag einen geordneten Ablauf. Zwei oder dreimal habe ich noch richtig Senge bekommen und ein paar Mal auf die „freiwillige Art" wegen irgendwelcher Streiche oder Dummheiten bevor ich in die Lehre in eine andere Stadt ging. Diese Streiche waren, tja wie soll man sagen, gewissermassen kalkuliert. Es haette auch gutgehen koennen. Ging es aber nicht. Und so kriegte ich mein Fett weg.

Aber die anderen „Erlebnisse" waren heftig und wie ich im Nachhinein sagen kann, auch notwendig.

Jungs im gewissen Alter waschen sich bekanntlich nicht sehr gerne. Ich machte da keine Ausnahme. Koerperpflege bestand bei mir lange Zeit darin, sich morgens und abends die Haende zu waschen. Eventuell kam das Gesicht kurz mit Wasser in Beruehrung, dann war aber auch Schluss. Hoechstens einmal in der Woche wurde geduscht, es sei denn, man kam nicht drum herum, z. B., weil der Sportlehrer darauf bestand. Aber dann wurden auch nur die Haare gewaschen und auch das nur, weil sie juckten.

Auch das kriegte mein Vormund schneller mit als erwartet. Klar, wenn ich unter direkter Beobachtung stand, habe ich mich brav „gepflegt", auch wenn manchmal einfach nur die Brause lief ohne dass ich darunter stand.

Irgendwann an einem Montagmorgen in der ersten Stunde, wir hatte Gruppenarbeit Technik, ich war also fuer ein paar Minuten entbehrlich, holte er mich nach kurzer Absprache mit unserem Lehrer aus dem Unterricht. Wir gingen wortlos in sein Schulbuero. Mir schwante Ungutes. Aber ich wusste, dass er uns nicht in der Schule vermoebeln wuerde. Trotzdem war mir irgendwie, naja ...

„Hauch mich mal an!", forderte er mich auf. Unsanft guckte er mir in die Ohren, nahm danach meine Hand. Ich musste Struempfe und Schuhe ausziehen. Ganz ruhig inspizierte er alle Stationen meines Koerpers. Zuletzt stand ich tatsaechlich splitternackt und schlotternd vor Angst im Raum.

Er schaute mir ernst in die Augen: „Wenn ich dich auch nur noch einmal in d i e s e m Zustand wieder antreffe, dann kannst du was erleben. Ich klopfe dich aus, wie einen alten Teppich, das kannst du mir glauben, Freundchen." Dabei war mir eigentlich gar nichts so recht bewusst. Klar, ich hatte mich schon wochenlang nicht mehr richtig abgeseift, aber was machte das schon?

Nun, eine ganze Zeit lang, gab ich mir echt Muehe. Aber in dieser Zeit hat er mich nicht einmal kontrolliert! Aber sobald ich mal wieder etwas angestellt hatte, bums war er da. Das ist schon gemein. In der Sommerzeit ist das alles nicht allzu tragisch, weil man als Junge genug im Wasser herumtobt, aber spaeter dann im Herbst kommt man nicht mehr so viel mit Wasser in Beruehrung.

Meine Leistungen in der Schule waren in jenem Herbst nicht sehr rosig, was meinen Erzieher dazu veranlasste, mich waehrend der zweiwoechigen Herbstferien bei sich wohnen zu lassen und kraeftig mit Nachhilfe zu versorgen. Mit „kraeftig" war diesmal nicht gemeint „kraeftig was hinten drauf", sondern kraeftig in den Kopf – ohne diesen Umweg – hinein. Ich hatte echte Probleme und war dankbar, dass er mir half. Der Nachteil war freilich, dass er staendig in meiner Naehe war und aufpasste, dass alles regelmaessig ablief. Angefangen beim rechtzeitigen Aufstehen, Fruehsport (blablabla), waschen, Fruehstueck, bueffeln, bueffeln, bueffeln, Mittagessen, kurzer Mittagsschlaf (igitt), dann wieder bueffeln, bueffeln, bueffeln, bueffeln, Abendessen, ein kurzer Spaziergang, bueffeln, waschen und ins Bett um halb Neun natuerlich . Die ersten Male schaute er mir beim Waschen oder Duschen zu, dann liess er mich alleine. Sobald ich das merkte, stellte ich natuerlich nur noch die Dusche an, nach kurzer Zeit wieder aus, machte mein Handtuch etwas nass, wartete noch eine Zeit und ging wieder hinaus und am besten direkt ins Bett.

Ich glaube es war Mitte oder Ende der ersten Woche als er ploetzlich ins Bad kam. Er hatte den Kochloeffel gleich mitgebracht. Wortlos nahm er mich unter den Arm, zog die kurze Schlafanzughose herunter und sohlte mich gruendlich durch. Der Rotz lief und die Schreie gellten durchs Haus, es machte ihm alles nichts aus. Danach stellte er mich in die Badewanne, zog mir das Pyjamaoberteil ueber den Kopf – die Hose lag inzwischen durch die Zappelei in irgendeiner Ecke – und stellte die Dusche an. Am Nacken hielt er mich in Position bis ich gruendlich eingeseift und wieder abgeduscht war. Ich heulte immer noch wie ein kleiner Junge als er mich nackig wie ich war in sein Arbeitszimmer trug und mir den vor Wochen schon einmal angekuendigten Teppichklopfer „zeigte".

„Das naechste Mal gibt es den hier, ... aber gruendlich!".

Er nahm meine Haende in eine Hand und hielt sie ueber meinem Kopf fest, waehrend der gemeine Teppichklopfer mit voller Wucht ein paar Mal auf mein Hinterteil sauste, dass mir Hoeren und Sehen verging.

Er liess mich los. „Ab ins Bett jetzt!"

Wie zur Bestaetigung schwang er noch einmal den Klopfer, der wiederum klatschend auf dem unteren Teil meines Rueckens landete und mich das Weite, in diesem Fall mein Bett suchen liess.

Weder waschen noch lernen, noch brav sein oder irgend etwas anderes, waren in der letzten Zeit der Herbstferien irgendein Problem. Es lief alles super, eben wie am Schnuerchen.

Einen angenehmen Nebeneffekt hatte der Aufenthalt bei meinem Erzieher. Ich sah zum ersten Mal, wie ein anderer verdroschen wurde. Einer seiner anderen Zoeglinge, ein schon ziemlich grosser Junge musste uebers Wochenende „einsitzen" und fleissig lernen. Ich haette nie gedacht, dass auch die grossen Jungs noch so flennen und um Gnade bitteln. Ich war zwar bei der Bestrafung nicht persoenlich zugegen, sondern sah und hoerte nur das Drama ueber den Flur hinweg. Es hinterliess in mir einen gewaltigen Eindruck, denn dieser Zoegling, so wie ich es mitkriegte war schon am Ende seiner Lehre und entsprechend alt. Und immer noch, musste er sich „stellen".

Mein Vormund trug nichts nach. Was einmal abgehandelt war, wurde nicht wieder aufgewaermt. Eine Ausnahme bildetete meine schreckliche Vergesslichkeit fuer die ich zweimal ueber die Sofalehne musste und eben mein Problem mit der Koerperpflege.

Kurz bevor ich meine Lehre anfing und wegzog, hatte ich wieder mal eine ganz kurze schmuddelige Phase.

Auf dem Weg zum Sport fing er mich ab, als ich gerade an einer Ampel in der Naehe seiner Wohnung stand.

„Mitkommen!", war seine knappe Anweisung.

D i e s e n Ton kannte ich. Aber ich war mir keiner Schuld bewusst. Ich zoegerte fuer einen Bruchteil einer Sekunde. Das reichte fuer ihn schon aus, dass er einfach mein Handgelenk ergriff und mich hinter sich herzog. Mit langen schnellen Schritten gingen wir in Richtung eines Kiosk. Er kaufte noch schnell eine Zeitung, liess mich jedoch keine Sekunde los. Ich fuehlte wieder dieses Gefuehl des kleinen Jungen. Dann ging es ab nach Hause.

Ich hatte Muehe hinter ihm her zu kommen und so lief ich mehr oder weniger und noch dazu ungluecklich hinter ihm her. In meinem Kopf ratterte es unaufhoerlich, aber ich wusste beim besten Willen nicht, was ich angestellt haben koennte. Eins wusste ich fest: ich wuerde gleich einen anstaendigen Hinternvoll bekommen. Zitternd ging er mit mir an der Hand in die Wohnung. Er schob mich ins Badezimmer und liess Wasser in die Badewanne laufen. „Zieh dich aus!" Mit geweiteten Augen blickte ich ihn an. Ich sah, wie das Badewasser dampfte. „Muss ich nachhelfen ...?"

Sofort war ich wieder wach. Er zog sich den Pullover und Unterhemd aus und stopfte mich in das heisse Wasser. An den Haaren hielt er mich fest. Dann schrubbte er mich mit einer Haarwurzelbuerste, die reichlich in Seife getraenkt war gruendlichst ab. Ich jammerte, aber es half nichts. Wie ein Waeschestueck wurde ich gewendet, aus dem Wasser gehoben, wieder eingetaucht und gebuerstet. Endlich liess er das Wasser ab. „So, dusch' dich ab!"

Ich zog immer noch schlotternd den Duschvorhang vor und stellte das Wasser an. So etwas wollte ich nie wieder erleben. Gruendlich spuelte ich mich ab. Die Seife stank entsetzlich. Mich schauderte.

In der Meinung, dass das Schlimmste vorbei war, seifte ich mich noch einmal mit normaler Seife ein.

„Bist du bald mal fertig, oder was? Erst traust du dich gar nicht in die Naehe eines Wasserhahnes und dann kommst du nicht davon los, was?", donnerte er mich an.

„D.... doch doch ..., ich bin fertig!"

Unwirsch zog er den Duschvorhang beiseite, und da sah ich schon den Teppichklopfer liegen. Bevor ich wieder richtig denken konnte, hatte er schon ein Handgelenk mit einem kurzen Lederriemen an einer Art Teppichstange, die quer durch das grosse Badezimmer verlief, befestigt. Kraeftig zog er das andere Handgelenk hoch. Ich stand auf Zehenspitzen als er fertig war, die Arme gespreizt. Danach folgte unmittelbar eine Standpauke, die sich im wahrsten Sinne des Wortes gewaschen hatte. Meine Backen und Ohren gluehten danach nicht nur von der Standpauke, wie man sich denken kann. Als er endlich den Teppichklopfer nahm war ich fast fuer einen Augenblick dankbar. Er war richtig in Fahrt und wuetend auf mich und drosch in einer erstaunlichen Geschwindigkeit auf mich ein. Ausweichen konnte ich nicht. Zack zack zack zack zack!

Wie einen schmutzigen Teppich klopfte er mich aus und ich schrie schon nach kurzer Zeit wie am Spiess. Ich zappelte und schaukelte herum, natuerlich ohne Erfolg. Seine Ausdauer schien kein Ende zu nehmen. Der mittelgrosse Klopfer – so ein Exemplar hatte ich bis dato noch nie gesehen – traf bei meiner Zappelei natuerlich nicht nur den Po und es brannte wie 1000 Brennesseln auf meiner Rueckseite. Endlich hoerte er auf. „So, mein Freund, und jetzt kriegst du nochen Arschvoll, der dir lange in Erinnerung bleiben wird." Er verliess kurz den Raum und kam mit einem Paddel wieder rein.

Ich erstarrte vor Schreck und hing kurz wie benommen in meinem Fesseln. Aber beim ersten Treffer erwachte ich zu vollem Leben. Schrie ich eben schon wie am Spiess so waren meine Laute jetzt viel hoeher und noch spitzer. Ich heulte Rotz und Wasser und zappelte wie ein Aal. Flott hintereinander und mit voller Wucht fand das Holz immer wieder „Futter" und ich schrie das ganze Haus zusammen. Als er aufhoerte, machte es fast keinen Unterschied, so sehr brannte es.

Er machte mich los mit den Worten: „Ich glaube, das war mal wieder noetig, was?" Ich stand wieder auf meinen Fuessen und wollte mich auf dem Boden zusammenrollen, was ich aber tunlichst unterliess. So lag ich gestreckt auf dem Bauch und heulte mich aus. Ich fuehlte mich ungerecht behandelt, wagte aber nicht aufzumucken. Irgendwann kam er wieder herein. „Hier sind deine Sachen. Zum Sport brauchst du heute nicht mehr.

Die Realschule habe ich zwar nicht mit einer Zwei abgeschlossen, aber ich habe trotzdem einen vernuenftigen Job bekommen. Als ich dann meine Lehre begann und dazu die Stadt verliess, bekam ich einen anderen Vormund, allerdings nur noch fuer kurze Zeit. Es war einer dieser antiauthoritaeren Sozialarbeiter, der mir nicht mehr viel beibringen konnte. Aber das brauchte er auch nicht mehr.


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