Wo sind sie geblieben – die Jungs, die sich nicht nach Hause trauen, weil sie genau wissen, was auf sie wartet und was sie verdient haben?
Alle Jungs verstehen es, wenn man sie uebers Knie legt, weil sie etwas ausgefressen haben. Nur die wenigsten mucken auf.
Solche Eltern, die noch die altbewaehrte Erziehungsmethode waehlen, sind ausgestorben. Fast jedenfalls. Die Russendeutschen und die Tuerken, ja die wissen noch, wie man mit bockigen Jungs umgehen muss, aber die anderen? Eltern, die vor 20 Jahren noch den Stock auf den Hintersten ihrer Sproesslinge tanzen liessen, sind fast ausgestorben. Damals, 1980 wurden sie schon als altmodisch und hinterwaeldisch bezeichnet, oder?
So sah es damls schon aus.
Kinder und Jugendliche erzieht man heute mit Vernunft – hurra welch neue Erkenntnis – welch ein Siegeszug moderner Paedagogik! Wie vernuenftig unsere Jugend des 20. und 21. Jahrhunderts doch ist, wie einsichtig, wenn man ihnen sagt und erklaert, warum sie dies oder jenes lassen sollen. Da werden keine Fensterscheiben mehr zerballert, nicht auf dichtbesiedelten Wohngebieten verbotener Weise Ball und Buechse getreten, keine boesen Streiche mehr ausgeheckt und „Mist" gebaut. Nein, die Jugendlichen klauen auch nicht mehr, luegen ihre Eltern nicht mehr an, und und und ... Wer es glaubt, wird seelig. Was heute einfach nicht gesehen wird, was den intellektuellen Erziehungsforschern nicht in die multimediafaehigen Koepfe reingeht, ist das uralte Instinktwissen, dass Vernunft in jungen Menschen erst reifen muss. Auch meine Vernunft „reifte" leider fast nur, wenn mich mein Vater mal wieder vornahm. Dann allerdings ging dieser Prozess rasend schnell.
Es gibt viele Erziehungsgeschichten im weltweiten Netz dieser Liebhaber, sei es in der Computerwelt oder auf andere Art. Fast alle enden damit, das die Bestrafung letztendlich irgendwie _s_e_x_uellen Hintergrund hat. Von wem auch immer. Vom geknechteten Part aus gesehen oder von der anderen Seite. Bei mir war es damals nie so. Ich entdeckte zwar, dass die Haue nicht mehr gar so weh tat, wenn man sich hinterher einen runterholte, aber einen Hintervoll gewuenscht, wie ich es von meinem Vater kannte, hatte ich mir niemals. Desto mehr war ich erfreut, als mir kuerzlich folgende Geschichte zufiel. Sie war auf schlechtleserlichem Papier mit Schreibmaschine geschrieben. Ich vermute, es wurde von jemandem aus dem englischen uebersetzt. Ich habe sie 1:1 uebernommen und finde sie sehr treffend.
Ja, ich wuenschte, den Jungs von heute wuerde es auch wieder so ergehen, wir haetten bestimmt weniger Probleme mit der Jugend.
Drei Jungs – ein Hundeherz und eine Seele
von Ahmed Kamal
Der Ich-Erzaehler, der mit seiner Mutter allein lebt und seine Freunde (Zwillinge) sind von einem Ausflug so spaet zurueckgekommen, dass die Mutter und die Eltern der Zwillinge sie schon mit der Polizei gesucht haben. Sie warten jetzt in der Wohnung der Mutter auf die drei Erwachsenen.
Die Zwillinge fuehrten eins ihrer wortlosen Gespraeche. Bob nickte. Dann nickte James. Dann schuettelten beide verzweifelt den Kopf. Dann redeten sie so schnell, dass ich nicht mehr mitkam.
„Was?" fragte ich.
„Also gut, gut, er bringt uns um!" sagte James.
„Meine Mutter nimmt immer `ne zusammengerollte Saturday Evening Post." sagte ich.
„Hach!" schnaufte Bob veraechtlich. „Ist ja gar nichts!" sagte James. „Paps nimmt seinen Streichriemen auf die nackte Haut! Wir haben ihm zum Geburtstag `nen Rasierapparat geschenkt. Aber den Streichriemen hat er aufgehoben."
Wie gelaehmt sahen wir die Tuer aufgehen und Mrs. Scott mit meiner Mutter hereinkommen, dahinter Mr. Scott.
„Na, hat denn keiner was zu sagen?" fragte Mr. Scott. „Merkwuerdig, ihr muesst doch einen wundervollen Tag gehabt haben. Wir jedenfalls hatten einen grossartigen Tag! Um Vier machte ich die Tankstelle zu, und wir holten die Feuerwehr. Wir sahen zu, wie sie die Badestelle mit den Grundnetzen absuchten. Wir holten die Polizei. Wir fuhren die Krankenhaeuser und die Leichenschauhaeuser ab. Zweimal hatten wir einen Platten. O ja, wir haben diesen Tag sehr genossen!" Er hoerte auf sich die Haende zu reiben., wandte sich an meine Mutter und fragte: „Welcher Raum im Haus ist am schalldichtesten? Sie haben doch nichts dagegen, nicht wahr? Ich moechte moeglichst nicht laenger warten. Es ist zehn durch und wir moechten doch die Nachbarn nicht stoeren."
Mr. Scott sprach ganz ruhig und geschaeftssinnig. Die Zwillinge standen mit gelaehmten Zungen und verglasten Augen da.
Vorsichtig laecheltete ich meiner Mutter zu. Sie laechelte wieder – bloss zog sie dabei den Mund nach unten. Sie nickte Mr. Scott zu. „Ich glaub das Badezimmer." sagte sie. „Bitte Mr. Scott, ich hab nicht genug Kraft. Wuerden sie?"
Er nickte ernsthaft.
„Kommt Jungs!" forderte er uns auf.
„Wir waren gerade ...", sagte Bob.
„Jaha!" brummelte James.
„Alle drei!" bekraeftigte ich.
„Dann gehen wir noch mal", sagte Mr. Scott und ging voran.
Meine Mutter zeigte ihm den Weg. Es war ganz wie in einem Traum.
Mr. Scott verriegelte die Tuer.
„Zieht die Hosen aus, Jungs!" befahl er.
„Willst du die Sache nicht auch von unserer Seite hoeren?" fragte Bob.
„Nicht unbedingt" sagte Mr. Scott, „du kannst gleich als Erster dran kommen. Zieh die Hosen aus."
Bob hatte Schwierigkeiten: seine Finger wollten ihm nicht gehorchen. Mr. Scott half ihm.
James und ich lehnten neben dem Waschbecken an der Wand und zitterten.
„So," sagte Mr. Scott und setzte sich hin. „Stell dich nur zwischen meine Beine. Nun beug dich vor. Ganz vor! Noch weiter vor - du weisst schon wie, wir habens ja schon oefter gemacht ...!"
Er legte Bob uebers Knie und stellte das andere Bein vor Bobs Fuesse, damit er nicht treten konnte.
Er legte die Hand auf Bobs nackten Hintern, und er schrumpfte auf ein Minimum zusammen; wie eine Schnecke, wenn man sie beruehrt – genau so war es mit Bobs Hintern.
„So ...", sagte Mr. Scott.
Er warf James und mir einen Blick zu. Dann ging er an die Arbeit.
– Es klang grauenhaft. Um ein Haar waeren die Kacheln von den Waenden gefallen. Ich hatte nicht gewusst, dass jemand so laut schreien kann.
„Jetzt du", sagte Mr. Scott nach einem Weilchen zu James und liess Bob los.
„Zieh aus!"
Bob hielt sich die flammend roten Hinterbacken und hopste in kurzen kleinen Saetzen durch das Badezimmer; er grunzte und zog die Luft durch die Zaehne ein. Sein Gesicht war so verzerrt, dass es kaum noch menschlich war.
„Du demuetigst uns", brachte James heraus, als der Vater ihn ueber sein Knie legte und ihn festhielt.
„So, tu ich das?" fragte Mr. Scott – und legte los.
Er war unvermindert leistungsfaehig. James war noch lauter als Bob. Bob hoerte mit seinem Gehopse auf und lauschte entsetzt.
„Das Badezimmer ist wohl doch der falsche Ort hierfuer.", sagte Mr. Scott, als er fertig war. „Da kann einem ja das Trommelfell platzen!"
James warf sich an die Kachelwand und presste sich in heftigen Schmerzen dagegen. Auch er hielt sich die gluehenden Backen und blies durch die Zaehne.
„Bitte, Sir", bettelte ich, „es war ja keine boese Absicht!"
„Bist ein guter Junge.", sagte Mr. Scott. Meine Hosen hingen in Kniehoehe. „Nun steig nur raus."
„Es war keine boese Absicht, Ehrenwort!" wiederholte ich.
„Natuerlich nicht", sagte Mr. Scott. „Aber verdient hast dus doch, nicht wahr?" Vor lauter Zittern konnte ich nicht antworten.
„Na, stimmt doch, was?" fragte Mr. Scott. „Nun hoer zu – ich bin wenigstens ehrlich. Ich erzaehl dir nicht, dass es mir weher tut als dir, oder?"
„Nein, Sir", sagte ich mechanisch, ohne etwas zu begreifen.
„Runter mit den Hosen, mein Junge."
Ich liess die Hosen fallen.
Er zog mich zu sich heran.
„Meine Mutter nimmt immer die Saturday Evening Post, Sir", sagte ich hilflos.
„Ach wirklich?"
„Ja, Sir." Ich schwebte in Todesangst vor seiner Hand; ich hatte ja erlebt, wozu sie faehig war.
Er legte mich ueber und hielt meine Beine fest, damit ich nicht treten konnte.
„Ich mach das anderes", sagte er. „Ich nehme einen Riemen oder die Hand. Das geht am besten. Nicht zu sanft und nicht zu hart. Mein Vater hielt mich immer am ausgestreckten Arm und schlug mit einer Gerte, und dabei hatte ich viel weniger ausgefressen als ihr heute. Man lernt seine Eltern erst richtig schaetzen, wenn man ueber dreissig ist. Elf Soehne hatte er."
Ich sehe noch, wie James und Bob sich die Ohren zuhielten.
Am naechsten Morgen war mir nicht gerade wohl zumute. Ich hatte nur knieenderweise fruehstuecken koennen und ich durfte nicht aus dem Haus. Die Zwillinge hatten sich nicht gezeigt. Wahrscheinlich wurden sie ebenso geknechtet wie ich.
Spaeter.
Ich stuerzte aus dem Haus. Ich brachte James und Bob auf die Beine. Endlich waren wir wieder draussen. Wir gingen in unser Klubhaus und legten uns auf den Bauch, um zu reden. Sitzen kam nicht in Frage.
Wir standen auf und gingen los. Irgendwie gingen wir zielbewusster und solidarischer nebeneinander her als frueher. Wir hielten sogar gleichen Schritt. Wir verstanden einander sehr viel besser. Auch die Zwillinge empfanden das.
„Du kannst aber schreien!" bemerkte James.
„Koennen wir wohl alle", sagte ich, „euer Paps hat uns ja halbtot gepruegelt."
„Jetzt bist du sozusagen mit uns verwandt." sagte Bob.
Ich war zu ueberwaeltigt.
Ich sagte: „Also, ich stell mir vor, als Junge braucht man ab und zu maennlichen Einfluss. Ich nehms ihm nicht uebel, dass er mich versohlt hat. Wenns bei ihm auch viel weher tut als mit der Saturday Evening Post."
Ist das nicht eine Geschichte, wie aus dem Leben? So mag ich es, so liebe auch ich es. Wem diese Story gefallen, kann mir unter G_Siegler2001@yahoo. de gerne schreiben. Ich wuerde mich jedenfalls freuen.