'der Fruehling' Und Sein Sohn


by Hans Jorgens <Stingpics@yahoo.de>

Ende der fuenfziger bis Mitte der sechziger Jahre war ich in einer Firma im nordwestdeutschen Raum taetig, die Herrenbekleidung fuer Kaufhaeuser wie C&A, Hertie und Karstadt herstellte. Der Inhaber war ein Chef, wie man ihn sich damals vorstellte und heute manchmal wuenschen wuerde: streng, aber gerecht, jovial, manchmal aufbrausend, dann wieder sanft wie ein Lamm (oder eher wie ein Elefant), fleissig bis zur Selbstaufgabe, fordernd, aber auch gebend, kurz: ein Mensch, der alles und alle beherrschte, ohne dabei herrschsuechtig zu sein. Viele Mitarbeiter haetten sich fuer ihren Chef ohne weiteres zerfleischen lassen.

Friedrich Lenz - so hiess dieser Mann - und wir alle erlebten im Sommer 1961 einen unserer erfolgreichsten Tage, denn es war uns mit einer Kraftanstrengung ohne gleichen gelungen, einen richtig grossen Auftrag absolut fristgemaess in hoher Qualitaet zu erledigen und der Firma damit die Option auf weitere Auftraege in aehnlicher Groessenordnung zu eroeffnen. Wir schwebten auf Wolke sieben. Der Chef, wegen seines dichterisch belasteten Nachnamens von allen heimlich nur 'Der Fruehling' genannt, liess in seinem Buero Sekt ausschenken und verkuendete, dass er seine engsten und wichtigsten Mitarbeiter an einem der naechsten Sonntage zu Kaffee und Kuchen zu sich nach Hause einladen wuerde. Diese Ankuendigung kam einer echten Sensation gleich, denn normalerweise war ihm sein sowieso arg begrenztes Privatleben absolut heilig.

Dass auch ich zu den Auserwaehlten dieses Ereignisses gehoerte, war der Fuersprache meines direkten Vorgesetzten, des gestrengen Prokuristen Rudolf Ritter zu verdanken, der meinen Einsatzwillen wiederholt in den hoechsten Toenen gelobt hatte. Und so sassen wir also schliesslich bei strahlendem Sonnenschein und tiefblauem Himmel in dem riesigen Garten unseres Chefs unter mehreren Sonnenschirmen an einer vorzueglich ausgestatteten Kaffeetafel und liessen uns in allerbester Stimmung Bienenstich, Butterkuchen und dreistoeckige Torten schmecken.

‚Der Fruehling war in Hochform und erzaehlte munter eine heitere Geschichte nach der anderen. Auch seine Gattin, eine Dame von schlanker Gestalt, beteiligte sich, gelegentlich ironisch kommentierend, an den Ausfuehrungen ihres Mannes, und zwar vorwiegend dann, wenn es um private Ereignisse ging. Die Runde lachte und scherzte. Ich selbst hielt mich eher zurueck, denn damals war es absolut unueblich, dass man sich als gerade mal 22-jaehriger Jungspund im Kreise aelterer und erfahrenerer Kollegen mit einer grossen Klappe aufspielte. Ach, wie sich auch hierin die Zeiten geaendert haben!

Als wir etwa eine Stunde zusammengesessen hatten, wurde auf einmal das Gartentor geoeffnet, und dann kam so etwas wie eine Erscheinung auf unsere Kaffeerunde zu. In Wirklichkeit war es zwar nur ein junger Mann, eher noch ein grosser Junge, aber ich ertappte mich dabei, wie ich mit offenem Mund jede Bewegung, jedes Detail dieser immer naeher kommenden Gestalt in mich aufsaugte.

Der Junge war schlank, hatte kurzes, dunkelblondes Haar und ein sehr huebsches Gesicht. Er trug lediglich ein weisses Sommerhemd, eine kurze Lederhose, helle Socken und braune Sandalen. In der rechten Hand hatte er eine Sporttasche. Fasziniert, ja fassungslos starrte ich ihn an, vor allem jedoch seine langen Beine mit den kraeftigen, anscheinend noch unbehaarten Oberschenkeln. Mein Schwanz wurde innerhalb von Sekunden steif, und ich spuerte, wie mir die Roete ins Gesicht schoss. Hastig nahm ich einen Schluck Kaffee, wobei mir die Tasse ein wenig ueberschwappte. Zum Glueck waren gerade alle irgendwie beschaeftigt, und niemand sah genauer zu mir hin. Als der Junge uns fast erreicht hatte, wurde unser Gastgeber auf ihn aufmerksam.

"Es erscheint: der Junior!", rief er aus und fast die gesamte Runde wandte sich dem Jungen zu, dessen frische Wangen sich blitzschnell genauso ins Roetliche verfaerbten wie bei mir. Das machte ihn mir gleich noch sympathischer. Er stellte seine Tasche ab und kam an den Tisch.

"Guten Tag, ich bin Klaus-Peter Lenz", sagte er mit heller Stimme. Dann begruesste jeden einzelnen persoenlich, in dem er ihm die Hand reichte und dabei einen Diener andeutete.

"Na, Filius? Habt ihr denn wenigstens gewonnen?", fragte 'Der Fruehling' jovial.

"Ja, 2:1, Papa. Und ich habe sogar ein Tor geschossen!"

"Gratuliere. Du darfst dir zur Belohnung ein Stueck Torte nehmen."

Die Gaeste lachten pflichtschuldig.

"Danke". Klaus-Peter setzte sich zu uns und bediente sich. Ich blickte verstohlen zu ihm hin, war wie geblendet, sah fuer ein, zwei Augenblicke alles drei Stufen heller als gewoehnlich. Was fuer ein herrlicher Bengel! Mir war zwar bewusst, dass ich _s_e_x_uell eindeutig das eigene Geschlecht bevorzugte, aber dass der Blitz derart heftig bei mir einschlagen konnte, hatte ich bis dahin nicht fuer moeglich gehalten.

"Unser Sohn ist ein leidenschaftlicher Fussballer", fuehrte der Hausherr aus. "Manchmal geht seine Liebe zum runden Leder allerdings leider so weit, dass man ihn mit einem gewissen Nachdruck an seine nach wie vor bestehenden schulischen Pflichten erinnern muss!".

Der Junge grinste ertappt, waehrend er kauend mit einem Stueck Schokoladentorte beschaeftigt war.

"Ja, das kenne ich von unserem Michael auch", sagte die Chefsekretaerin Frau Luitpold. Bald war die Runde wieder mit anderen Themen beschaeftigt. Ich hoerte nur noch unaufmerksam zu, da ich immer wieder wie hypnotisiert zu dem Jungen hinueberblicken musste, der mir schraeg gegenueber sass.

Nach einiger Zeit sagte 'Der Fruehling' auf einmal: "So, mein Sohn, ich denke, es ist langsam Zeit fuer deine unerledigten Hausaufgaben!"

"Sofort, Papa!"

Klaus-Peter leerte seine Kaffeetasse und sprang auf. Erneut gab er jedem Gast die Hand und verabschiedete sich hoeflich. Als er in Richtung des Hauses verschwunden war, sagte unser Prokurist beeindruckt: "Also, Chef, ich muss schon sagen, ihr Herr Sohn spurt ja aufs Wort, und das ist bei einem Halbstarken ja heutzutage leider keine Selbstverstaendlichkeit mehr!"

Aus der Runde ertoente zustimmendes Gemurmel.

"Tja, mein lieber Ritter, Erziehung ist nun mal keine Glueckssache", dozierte Lenz, "auf diesem Gebiet muss von Anfang an ein gewisser Zug herrschen, dann hat man spaeter weniger Probleme. Mein Sohnemann weiss ganz genau, wo's langgeht, und er weiss auch, was passiert, wenn er die Grenze ueberschreitet."

"Ja, ja, so soll es sein", murmelte Herr Seckerdiek bestaetigend.

"Ich sage Ihnen, halten Sie die Zuegel straff", hob 'Der Fruehling' wieder an, "und hauen Sie ihrem Nachwuchs uebrigens auch ruhig oefter mal ordentlich den Hosenboden voll. Das hat einem echten Jungen noch nie geschadet!"

Das fesche Fraeulein Mangold kicherte.

Lenz war kurzfristig irritiert. Dann fuhr er fort: "Ich sage Ihnen was: Mein Klaus-Peter ist zwar inzwischen siebzehn Jahre alt, aber er weiss, dass er bis zu seiner Grossjaehrigkeit immer noch regelmaessig im Wohnzimmer ueber die Sessellehne muss, um seine Vierteljahressenge zu empfangen. Das wirkt wahre Wunder!"

Alle hoerten gebannt zu.

"Und noch etwas: Aus eigener schmerzhafter Erfahrung weiss ich, dass nur ein einziges Strafinstrument bei Jungens einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlaesst, und zwar ein guter, biegsamer Rohrstock. Ich habe diese Familientradition bei meinem Filius ganz bewusst weitergefuehrt und bin mit dem Ergebnis im Grossen und Ganzen mehr als zufrieden."

Ploetzlich ueberschlugen sich einige der Anwesenden in Kommentaren und Berichten aus der eigenen Erziehungspraxis.

"Bei meinen beiden Rangen wirkt dieses Mittel auch ganz hervorragend", sagte Herr Mittenbach aus der Rechnungsabteilung.

"Bei unserem Michael ist es meistens der Kochloeffel", ergaenzte Frau Luitpold.

"Und ich habe damals einfach eine kraeftige vaeterliche Hand gefuehrt", berichtete Herr Ritter, der schon auf die Rente zuging und vier laengst erwachsene Kinder hatte. "Die zieht natuerlich nur auf einem blossen Hinterteil wirklich durch!"

Frau Mangold kicherte erneut.

Ich glaubte, schon wieder rot zu werden, denn bei mir war es erst ein paar Jahre her, dass mich mein Vater zuletzt mit seinem alten, verdammt durchziehenden Lederriemen versohlt hatte.

Nun war der Chef in seinem Element: "Bei meinem Sohn haengt es davon ab, was er gerade so alles auf dem Kerbholz hat. Der Rohrstock zieht schon auf einer stramm gezogenen Lederhose kraeftig durch. Aber je aelter die Burschen werden, desto notwendiger kann es sein, dass alle Buexen komplett herunter kommen. Und dann singt er wirklich in den allerhoechsten Toenen, unser jugendlicher Heldentenor!"

Allgemeines Gelaechter erscholl.

"Frueher gab es alle vier Wochen Senge fuer ihn, aber als er sechzehn wurde, habe ich den Zeitraum auf drei Monate ausgedehnt. Bei akutem Bedarf kriegt er natuerlich auch zwischendurch eine Ration, aber das ist inzwischen nur noch selten noetig."

Auf einmal kam ‚Der Fruehling auf die Idee, eine Runde Weinbrand und fuer die Damen 'Ecke's Edelkirsch' kredenzen lassen.

"Sag' dem Jungen, dass er die Glaeser bringen soll", rief Herr Lenz seiner enteilenden Gattin hinterher. Nach einigen Minuten erschienen Mutter und Sohn wieder auf der Bildflaeche. Klaus-Peter ahnte natuerlich nicht im Geringsten, was sein alter Herr so alles ueber seine Erziehung zum Besten gegeben hatte. Umsichtig verteilte der Junge Cognacschwenker und Likoerglaeser. Als er sich ueber den Tisch beugte, sah ich direkt vor mir seine braun gebrannten, wunderbar glatten Oberschenkel und die straffen Hinterbacken in der engen Lederhose. Nicht ohne Muehe widerstand ich dem Drang, ihm einen kraeftigen Hieb hintendrauf zu versetzen.

"Vielen Dank, junger Mann", zwitscherte Fraeulein Mangold und prustete vor Lachen los.

Klaus-Peter sah sie ueberrascht an, sagte aber nichts. Dann zog er sich wieder ins Haus zurueck.

"Wohl bekomm's!", rief der Hausherr seinen Untergebenen und seiner Gattin zu.

Nach der zweiten Runde steigerte sich die allgemeine Heiterkeit noch um einiges, und die Gespraechsthemen wurden nun zusehends schluepfriger. Ich entschuldigte mich mit der Bemerkung, dass ich mir mal "die Haende waschen" muesse, und erhob mich von meinem Gartenstuhl.

"Die Örtlichkeiten finden Sie links im Erdgeschoss", sagte Frau Lenz.

Ich schritt ueber den ausgedehnten, sehr gepflegten Rasen. Im Haus war es, bis auf das gleichmaessige Ticken einer Standuhr im Korridor, sehr still. Nachdem ich mein Geschaeft erledigt hatte, strich ich noch ein wenig umher und fand schliesslich das Wohnzimmer, dessen Tuer weit offen stand. Die ganze Einrichtung war stilvoll altdeutsch. An einer Wand hing das Geweih eines Achtenders. Ich ging zu der schweren Garnitur und legte meine Haende auf das teure, dunkelrote Leder. Über welchem der drei Sessel bezog Klaus-Peter wohl regelmaessig seine vaeterlichen Hiebe? Und wo hatte der Rohrstock seinen Platz?

Bis auf die Uhr war weiterhin kein Laut zu hoeren. Ich ging noch ein wenig in dem riesengrossen Zimmer herum. Keine Spur von einem Rohrstock. Auf Zehenspitzen stehend, versuchte ich zu erkunden, ob er vielleicht oben auf der mindestens sechs Meter breiten Schrankwand lag. Und tatsaechlich, da war er! Deutlich hob sich sein helles, gelbliches Holz ab. Ein angenehmes Schaudern durchlief meinen Koerper. Ich hatte genug gesehen. Langsam ging ich zu der inzwischen recht angetrunkenen Runde zurueck, die eine halbe Stunde spaeter schliesslich mit sanftem Nachdruck aufgeloest wurde und sich dankbar und beglueckt verabschiedete. Klaus-Peter liess sich nicht mehr sehen.

Einige Kollegen zog es noch in eine Kneipe, aber ich empfahl mich mit dem Hinweis auf angebliche leichte Kopfschmerzen. Zu Hause angekommen, zog ich mich aus, legte mich auf mein Bett und verschaffte mir mit unzuechtigen Gedanken an einen gewissen siebzehnjaehrigen Jungen nach kuerzester Zeit Erleichterung in einem unglaublich intensiven Orgasmus.

Klaus-Peter war zwanzig, als ich ihn noch einmal wiedersah. Inzwischen studierte er in Marburg und bereitete sich zugleich auf seinen spaeteren Eintritt in die vaeterliche Firma vor. Er erkannte mich nicht, als ich ihn begruesste, und wirkte inzwischen um einiges erwachsener. Ein huebscher Bengel war er aber immer noch, und vermutlich bekam er nach wie vor alle drei Monate eine vaeterliche Abreibung mit dem Rohrstock.

Friedrich Lenz, 'Der Fruehling', lebt uebrigens schon lange nicht mehr. Sein Sohn taucht als herrlicher, ewig junger Bursche noch gelegentlich in meinen naechtlichen Phantasien auf, auch wenn seit jenem unbeschwerten Sommertag im Garten seines Elternhauses inzwischen mehr als vierzig Jahre vergangen sind.


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